Was ist eine recht­mä­ßi­ge Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des BGB?

Die Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des BGB unter­schei­det sich von Ver­kaufs­platt­for­men und Frei­hand­ver­kauf. 

Eine Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des § 156 BGB liegt nur dann vor, wenn der Kauf­ver­trag erst durch den Zuschlag des Ver­stei­ge­rers zustan­de kommt. Genau die­ses kon­sti­tu­ti­ve Ele­ment fehlt bei Frei­hand­ver­käu­fen, M&A-„Auction Sales“ und Ebay-ähn­li­chen Platt­for­men: Dort ent­steht der Ver­trag nach den all­ge­mei­nen Regeln des Kauf­rechts, meist auto­ma­ti­siert oder durch freie Aus­wahl des Ver­käu­fers. Der blo­ße „Auk­ti­ons­cha­rak­ter“ eines Ver­fah­rens ersetzt den recht­li­chen Zuschlag nicht. Wer also von „Auk­ti­on“ spricht, soll­te sau­ber tren­nen, ob tat­säch­lich eine Ver­stei­ge­rung vor­liegt – oder ledig­lich ein struk­tu­rier­tes Bie­ter­ver­fah­ren bzw. eine Ver­kaufs­platt­form.

Was ist eine Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des BGB? In die­sem Bei­trag klä­ren wir eine Fra­ge, die in der Pra­xis oft unter­schätzt wird – aber recht­lich von ent­schei­den­der Bedeu­tung ist: Wann liegt eigent­lich eine „Ver­stei­ge­rung“ im Sin­ne des Bür­ger­li­chen Gesetz­buchs vor – und wann nicht?

Wir schau­en uns ins­be­son­de­re den Para­graf 156 BGB an und gren­zen klas­si­sche Ver­stei­ge­run­gen von Online-Auk­tio­nen wie Ebay und vom soge­nann­ten Bie­ter­ver­fah­ren ab.
Denn hier gibt es gro­ße Miss­ver­ständ­nis­se – mit erns­ten Fol­gen, wenn es um Pfand­rech­te, Abson­de­rungs­rech­te oder insol­venz­fes­te Ver­wer­tung geht.

Die gesetz­li­che Grund­la­ge: Para­graf 156 BGB.

Para­graf 156 BGB regelt glas­klar:
„Bei einer Ver­stei­ge­rung kommt der Ver­trag erst durch den Zuschlag zustan­de.“

Das bedeu­tet: Nicht das Gebot begrün­det den Kauf­ver­trag – son­dern der Zuschlag.
Und der Zuschlag ist eine Wil­lens­er­klä­rung des Ver­stei­ge­rers. Ohne die­sen akti­ven Zuschlag – kein Ver­trag. Genau das ist der zen­tra­le Punkt.

Wann ist es kei­ne Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des BGB?

Vie­le den­ken, eine Auk­ti­on im Inter­net sei auto­ma­tisch eine Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des Geset­zes. Das ist falsch. Bei­spiel: Ebay.

Der Bun­des­ge­richts­hof hat mehr­fach ent­schie­den, dass Ebay-Auk­tio­nen kei­ne Ver­stei­ge­run­gen im Sin­ne von Para­graf 156 BGB sind. War­um? Weil dort kein Zuschlag durch eine Per­son erfolgt, son­dern der Ver­trag auto­ma­tisch mit Zeit­ab­lauf zustan­de kommt – über einen Algo­rith­mus. Und das reicht nicht. Denn der Zuschlag muss eine Wil­lens­er­klä­rung eines Ver­stei­ge­rers sein – nicht eine Maschi­ne.

Was ist mit dem soge­nann­ten Bie­ter­ver­fah­ren?

Auch das soge­nann­te Bie­ter­ver­fah­ren, wie man es häu­fig aus dem Immo­bi­li­en­be­reich oder aus dem M&A‑Bereich – dort bezeich­net auch als “auc­tion sale” — kennt, ist kei­ne Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des BGB.

War­um? Weil dort meist unver­bind­li­che Kauf­preis­an­ge­bo­te ein­ge­holt wer­den, ohne dass ein kla­rer Zuschlag durch einen Ver­stei­ge­rer erfolgt.
Oft wird das höchs­te Gebot ledig­lich als Grund­la­ge für wei­te­re Ver­hand­lun­gen ver­wen­det – nicht als ver­bind­li­ches Ange­bot, das durch Zuschlag ange­nom­men wird.

Juris­tisch ist das nur eine „invi­ta­tio ad offe­ren­dum“, also eine Ein­la­dung zur Abga­be von Ange­bo­ten – aber kei­ne Ver­stei­ge­rung mit Zuschlag gemäß Para­graf 156 BGB. Auch ein Bie­ter­ver­fah­ren mit meh­re­ren Gebo­ten, mit Fris­ten und Doku­men­ta­ti­on – bleibt recht­lich ein frei­hän­di­ger Aus­wahl­pro­zess.
Und das genügt nicht, wenn gesetz­lich eine Ver­stei­ge­rung vor­ge­schrie­ben ist.

Wann liegt eine ech­te Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des Para­graf 156 BGB vor?

Ech­te Ver­stei­ge­run­gen im Sin­ne des BGB lie­gen nur dann vor, wenn:

1. Gebo­te abge­ge­ben wer­den,
2. und der Ver­stei­ge­rer – also ein Mensch –
3. den Zuschlag erteilt, also die Annah­me erklärt.

Das ist bei klas­si­schen Prä­senz­auk­tio­nen der Fall – etwa in einem Auk­ti­ons­saal mit einem Auk­tio­na­tor. Auch bei pro­fes­sio­nel­len Online-Live-Ver­stei­ge­run­gen, bei denen der Ver­stei­ge­rer in Echt­zeit das Biet­ge­sche­hen ver­folgt und per­sön­lich den Zuschlag erteilt – sei es per Aus­ruf, Maus­klick oder elek­tro­ni­sche Erklä­rung. Wich­tig ist dabei: Ein Mensch muss ent­schei­den, ob und wem er den Zuschlag erteilt. Erst dann ent­steht der Ver­trag – und zwar nach Para­graf 156 BGB.

Nur zwei Ver­stei­ge­rungs­for­men sind gesetz­lich aner­kannt.

Juris­tisch ein­deu­tig ist: Nur die­se fol­gen­den zwei For­men gel­ten als Ver­stei­ge­run­gen im Sin­ne des Geset­zes.

Ers­tens:  Die klas­si­sche Prä­senz­ver­stei­ge­rung – mit phy­si­schem Auk­tio­na­tor und münd­li­chem Zuschlag.
Zwei­tens: Die Online-Live-Ver­stei­ge­rung, bei der der Ver­stei­ge­rer selbst in Echt­zeit den Zuschlag erteilt – also kei­ne auto­ma­ti­sier­te Auk­ti­ons­soft­ware, son­dern eine ech­te Ent­schei­dung durch einen Men­schen.

Alle ande­ren Ver­fah­ren – also sta­ti­sche Online-Auk­tio­nen, Ebay-Ver­käu­fe, Bie­ter­ver­fah­ren oder auto­ma­ti­sier­te Aus­wahl­for­ma­te – sind kei­ne Ver­stei­ge­rung im recht­li­chen Sin­ne. Sie mögen äußer­lich wie eine Auk­ti­on erschei­nen – recht­lich genü­gen sie aber nicht, wenn das Gesetz eine Ver­stei­ge­rung ver­langt. War­um ist das so wich­tig?

Rele­vanz für die Gläu­bi­ger­ver­wer­tung.

Ganz ein­fach: Wenn Sie als Gläu­bi­ger ein Pfand­recht oder ein Abson­de­rungs­recht haben, dür­fen Sie das Siche­rungs­gut nur durch öffent­li­che Ver­stei­ge­rung ver­wer­ten, sofern kei­ne Frei­hand­ver­wer­tung nach § 1221 BGB vor­ge­ge­ben ist. Und „öffent­lich“ im Sin­ne des Geset­zes heißt:
Ver­stei­ge­rung mit per­sön­li­chem Zuschlag nach Para­graf 156 BGB.

Ein Ver­kauf über Ebay – oder ein Bie­ter­ver­fah­ren – genügt dafür nicht.
Die Fol­ge: Anfech­tungs­ri­si­ken, Scha­dens­er­satz, Ein­wen­dun­gen durch Insol­venz­ver­wal­ter, Ver­lust von Sicher­hei­ten.

Kern­aus­sa­ge:

Eine Ver­stei­ge­rung im Sin­ne des BGB liegt nur vor, wenn der Zuschlag durch eine Wil­lens­er­klä­rung des Ver­stei­ge­rers erfolgt.

Ein Algo­rith­mus, ein Zeit­ab­lauf oder ein form­lo­ser Aus­wahl­pro­zess ersetzt die­sen Zuschlag nicht.

Daher gilt:
Nur zwei For­ma­te sind gesetz­lich aner­kannt: die Prä­senz­ver­stei­ge­rung und die Online-Live-Ver­stei­ge­rung mit per­sön­li­chem Zuschlag.

Alles ande­re ist ent­we­der ein frei­hän­di­ger Ver­kauf – oder juris­tisch schlicht kei­ne Ver­stei­ge­rung.

Wenn Sie als Gläu­bi­ger sicher und rechts­kon­form ver­wer­ten wol­len, ach­ten Sie unbe­dingt dar­auf, dass ein öffent­li­cher Zuschlag durch einen Ver­stei­ge­rer erfolgt – sei es in Prä­senz oder live online.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zur Ver­wer­tung nach Pfand­recht – pra­xis­nah, stra­te­gisch und rechts­kon­form – fin­den Sie auf unse­rer Web­site:
www.deutsche-pfandverwertung.de

Wir sind öffent­lich bestell­te und ver­ei­dig­te Ver­stei­ge­rer mit lang­jäh­ri­ger Erfah­rung im Bereich Pfand­ver­wer­tung.

 

 

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