Funk­ti­on des öffent­lich bestell­ten, ver­ei­dig­ten Ver­stei­ge­rers

Funk­ti­on und Auf­ga­ben des öffent­lich bestell­ten, ver­ei­dig­ten Ver­stei­ge­rers

Der all­ge­mein öffent­lich bestell­te, ver­ei­dig­te Ver­stei­ge­rer stellt im deut­schen Recht­sys­tem eine Insti­tu­ti­on dar, die bei leis­tungs­ge­stör­ten Ver­trä­gen kurz­fris­tig eine für alle Par­tei­en eine markt­ge­rech­te Lösung her­bei­zu­füh­ren hat, ins­be­son­de­re auch unter Berück­sich­ti­gung der durch die Ver­fas­sung garan­tier­ten Eigen­tums­rech­te des Schuld­ners. Die­se Funk­ti­on ist vom Gesetz­ge­ber als Bestand­teil der Rechts­pfle­ge vor­ge­se­hen.

Öffent­li­che bestell­te Ver­stei­ge­rer wer­den anlass­be­zo­gen auf­grund des die Selbst­hil­fe ver­bie­ten­den Staa­tes beauf­tragt. Sie erfül­len somit eine wich­ti­ge Funk­ti­on zum Erhalt des Rechts­frie­dens. Mit ihrer Bestel­lung zum öffent­lich bestell­ten, ver­ei­dig­ten Ver­stei­ge­rer sind die­se damit belie­hen, den hoheit­li­chen Akt der Ver­wer­tung auf­grund gesetz­li­cher oder ver­trag­li­cher Pfand­rech­te, Recht­spre­chung und sons­ti­ger Ver­wer­tungs­rech­te durch­zu­füh­ren. Die­se alter­na­ti­ve Mög­lich­keit zur zeit- und kos­ten­auf­wen­di­gen For­de­rungs­rea­li­sie­rung über das gericht­li­che Ver­fah­ren ist Bestand­teil der Gesetz­ge­bung sowie der kauf­män­ni­schen Aus­bil­dung (Euro­pa Fach­buch­rei­he kauf­män­ni­sche­Be­triebs­leh­re) und der Betriebs­wirt­schafts­leh­re. Bei Durch­füh­rung die­ser Auf­ga­be sind die Bestim­mun­gen des HGB, BGB, AktG, GmbHG, der GewO und der VerstV vom Ver­stei­ge­rer zu beach­ten. Die Bestim­mun­gen der ZPO und GVGA sind für ihn nicht ein­schlä­gig.

All­ge­mein öffent­lich bestell­te, ver­ei­dig­te Ver­stei­ge­rer sind ins­be­son­de­re auf Pfand­rechts­ver­wer­tun­gen spe­zia­li­siert. Bei ihnen han­delt es sich um Per­so­nen, die zu bele­gen hat­ten, dass sie durch fun­dier­tes Fach­wis­sen, gro­ße Berufs­er­fah­rung und beson­de­re Ver­trau­ens­wür­dig­keit aus dem Kreis der übri­gen Ver­stei­ge­rer deut­lich her­aus­ra­gen und über beson­de­re Sach­kun­de ver­fü­gen. Durch lang­jäh­ri­ge, unbe­an­stan­de­te Tätig­keit wur­de die Inte­gri­tät belegt und die Repu­ta­ti­on als seriö­ser Ver­stei­ge­rer erwor­ben. Die rechts­kon­for­me Durch­füh­rung der öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung ist des­halb sicher­ge­stellt, da öffent­lich bestell­te, ver­ei­dig­te Ver­stei­ge­rer dar­auf ver­ei­digt sind, ihre Auf­ga­be gewis­sen­haft und unpar­tei­isch zu erfül­len.

Schutz der Eigen­tums­rech­te

Vor­aus­set­zung für das Funk­tio­nie­ren der sozia­len Markt­wirt­schaft sind Rechts­si­cher­heit, Schutz des Eigen­tums und sozia­ler Aus­gleich. In der funk­tio­nie­ren­den sozia­len Markt­wirt­schaft ist die freie Auf­ga­be von Unter­neh­men, die Her­stel­lung von Pro­duk­ten, die Ver­sor­gung der Gesell­schaft durch Han­del und Dienst­leis­tung und die Erwirt­schaf­tung markt­ge­rech­ter Erträ­ge. Zur sozia­len Markt­wirt­schaft gehört auch das unter­neh­me­ri­sche Risi­ko. Im Gegen­satz zur Plan­wirt­schaft sind Zah­lungs­aus­fäl­le die sys­tem­be­ding­te Fol­ge.

Wenn Zah­lungs­aus­fäl­le ent­ste­hen, bezie­hen sie sich auf pri­vat­wirt­schaft­lich ver­ein­bar­te Ver­trä­ge. In Kon­se­quenz ist es zwin­gend, dass die Durch­füh­rung von For­de­rungs­rea­li­sie­rung mit­tels der ver­trag­li­chen und gesetz­li­chen Pfand­rech­te im Wege der frei­wil­li­gen öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung zu erfol­gen hat. Leis­tungs­stö­run­gen bei Ver­trä­gen haben fast immer kauf­män­ni­sche Ursa­chen.

Fol­ge­rich­tig kann ein For­de­rungs­an­spruch am bes­ten durch spe­zia­li­sier­te Kauf­leu­te wie den öffent­lich bestell­ten, ver­ei­dig­ten Ver­stei­ge­rer rea­li­siert wer­den. Der Gesetz­ge­ber sieht die­se Opti­on mit­tels der ver­trag­li­chen und gesetz­li­chen Pfand­rech­te vor.

Sowohl für Gläu­bi­ger als auch für Schuld­ner sind die öffent­lich bestell­ten, ver­ei­dig­ten Ver­stei­ge­rer ver­läss­li­che Part­ner. Durch ihre kauf­män­nisch ori­en­tier­te Her­an­ge­hens­wei­se wird schnellst­mög­lich eine rechts­si­che­re und ver­wer­tungs­op­ti­mier­te Lösung her­bei­ge­führt. Im Sin­ne der Scha­dens­min­de­rungs­ob­lie­gen­heit gemäß § 254 BGB hat die Ver­wer­tung von in Pfand genom­me­nen Gegen­stän­den nach Auf­trags­er­tei­lung zeit­nah zu erfol­gen. Als erfah­re­ne, kom­pe­ten­te Kauf­leu­te und Exper­ten für For­de­rungs­si­che­rung sowie best­mög­li­che For­de­rungs­rea­li­sie­rung agie­ren die Ver­stei­ge­rer zum Vor­teil für bei­de Sei­ten – für Gläu­bi­ger und für Schuld­ner. Durch Lizi­ta­ti­on wird bei der Ver­stei­ge­rung der höchst­zah­len­de Käu­fer ermit­telt. Das Vor­ur­teil, dass beim soge­nann­ten Not­ver­kauf ein Ver­kauf unter Wert zu befürch­ten ist, trifft heut­zu­ta­ge nicht mehr zu. Die rich­ti­ge Anwen­dung des Inter­nets erschließt die Mög­lich­keit, den Kreis der Käu­fer um ein Viel­fa­ches zu ver­wei­tern und somit markt­ge­rech­te Prei­se zu erzie­le

War­um hat der Ver­kauf von Pfän­dern im Wege der öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung zu erfol­gen?

Die Durch­füh­rung von öffent­li­chen Ver­stei­ge­run­gen erfolgt anlass­be­zo­gen durch den öffent­lich bestell­ten ver­ei­dig­ten Ver­stei­ge­rer auf­grund des die Selbst­hil­fe ver­bie­ten­den Staa­tes.

Gemäß § 1235 BGB müs­sen in Pfand genom­me­ne Gegen­stän­de im Wege der öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung ver­kauft wer­den. Das betrifft auch Gegen­stän­de, an den­en­der Gläu­bi­ger ein Ver­wer­tungs­recht auf­grund § 885 a ZPO, der soge­nann­ten Ber­li­ner Räu­mung, hat.

Sinn und Zweck des § 1235 BGB Öffent­li­che Ver­stei­ge­rung ist, dass die Eigen­tums­rech­te des oft nicht
anwe­sen­den Schuld­ners im Ver­wer­tungs­ver­fah­ren gewahrt wer­den. Der Gesetz­ge­ber hat dies so gere­gelt, weil der Schuld­ner bei Pfand­rechts­ver­wer­tun­gen kei­nen Ein­fluss auf den Ver­kauf sei­nes Eigen­tums hat. Der öffent­lich bestell­te, ver­ei­dig­te Ver­stei­ge­rer ist als unab­hän­gi­ge Instanz im Ver­wer­tungs­ver­fah­ren dar­auf ver­ei­digt, auch die Eigen­tums­rech­te des Schuld­ners zu wah­ren

Rechts­fol­gen der öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung

Die Durch­füh­rung einer öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung ist ein hoheit­li­cher Akt, zu des­sen Durch­füh­rung der öffent­lich bestell­te ver­ei­dig­te Ver­stei­ge­rer belie­hen ist. Der Ver­kauf erfolgt als ding­li­che Sur­ro­ga­ti­on. Das bedeu­tet, es wird durch hoheit­li­chen Akt der für einen bestimm­ten Ort und einen bestimm­ten Zeit­punkt mög­li­che Markt­preis fest­ge­stellt. Es wird durch Zuschlag an den
höchst­bie­ten­den Käu­fer eine unwi­der­ruf­li­che Eigen­tums­über­tra­gung bewirkt.

Wich­tig zu wis­sen für Auf­trag­ge­ber: Alle Gegen­stän­de, die im Wege der öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung ver­kauft wer­den, sind gemäß § 445 BGB Haf­tungs­be­gren­zung unter Aus­schluss jeg­li­cher Gewähr­leis­tung ver­kauft. Als Kor­re­lat bestimmt der § 4 der VerstV, dass den Kauf­in­ter­es­sen­ten in einer zwei­stün­di­gen Besich­ti­gungs­zeit oder nach Ver­ein­ba­rung die Gele­gen­heit gege­ben wer­den
muss, die zur Ver­stei­ge­rung anste­hen­den Gegen­stän­de zu besich­ti­gen.

Gemäß § 935 Abs. 2 BGB sind alle Gegen­stän­de, die im Wege der öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung ver­kauft wer­den, immer gut­gläu­big erwor­ben. Das bedeu­tet mehr Rechts­si­cher­heit und schützt vor Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen von Sei­ten Drit­ter.

Pflich­ten des öffent­lich bestell­ten, ver­ei­dig­ten Ver­stei­ge­rers

Der öffent­lich bestell­te, ver­ei­dig­te Ver­stei­ge­rer ist dar­auf ver­ei­digt, sei­ne Auf­ga­be gewis­sen­haft durch­zu­füh­ren. Er ist zu Still­schwei­gen gegen­über Drit­ten ver­ei­digt, ins­be­son­de­re was die Daten des Schuld­ners betrifft.

Vor Annah­me des Ver­stei­ge­rungs­auf­trags ist der Ver­stei­ge­rer dazu ver­pflich­tet, die Pfand­rei­fe fest­zu­stel­len. Das ist des­halb so gere­gelt, weil für Gläu­bi­ger die Berech­ti­gung zur For­de­rungs­rea­li­sie­rung auf­grund Gesetz oder Ver­trag ent­steht. Einer Eini­gung über die Ent­ste­hung einer Kla­ge und des anschlie­ßen­dem Voll­stre­ckungs­ver­fah­rens bedarf es nicht.

Es ist dem Ver­stei­ge­rer, sei­nen Ange­stell­ten und sei­ne direk­ten Ange­hö­ri­gen nicht gestat­tet, sich an von ihm durch­ge­führ­ten Ver­stei­ge­run­gen im eige­nen Inter­es­se per­sön­lich zu betei­li­gen. Gemäß § 1237 BGB ist der Ver­stei­ge­rungs­ter­min öffent­lich bekannt­ge­macht zu machen. Sinn und Zweck die­ser Bestim­mung ist zum einen die Her­stel­lung der Öffent­lich­keit und zum ande­ren die Infor­ma­ti­on mög­li­cher Käu­fer über den anste­hen­den Ver­stei­ge­rungs­ter­min und damit der Mög­lich­keit, sich an der öffent­li­chen Ver­stei­ge­rung zu betei­li­gen. Die öffent­li­che Bekannt­ma­chung soll dazu die­nen, dass sich mög­lichst vie­le Bie­ter an der Ver­stei­ge­rung betei­li­gen und mit­bie­ten. Aus­schließ­lich die­ser Bie­ter­wett­be­werb gewähr­leis­tet, dass der opti­mal Ver­stei­ge­rungs­er­lös erzielt wird. Es dient auch dem Schutz des Schuld­ners, um zu ver­hin­dern, dass in Pfand genom­me­ne Gegen­stän­de ver­schleu­dert wer­den. Bei nicht aus­rei­chen­der Publi­zie­rung ergä­be sich in Rechts­fol­ge, dass nach § 1243 BGB dem Höchst­bie­ten­den kein wirk­sa­mer Zuschlag erteilt wur­de und der Auf­trag­ge­ber sich scha­dens­er­satz­pflich­tig macht.

Der gesam­te Ver­wer­tungs­vor­gang muss in einer Ver­stei­ge­rungs­ak­te doku­men­tiert wer­den