Öffentliche Versteigerungen von Unternehmensanteilen und Rechten aller Art können gemäß Paragraph 383 BGB, der Legaldefinition, durch allgemein oder auf dieses Sachgebiet öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer, Gerichtsvollzieher — diese aber nur in ihrem Bezirk — oder Notare durchgeführt werden. In der Praxis lehnen Gerichtsvollzieher eine solche Beauftragung auch mit dem Verweis ab, dass geeignete öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer zur Verfügung stehen. Gerichtsvollzieher dürfen ohne Angaben von Gründen ablehnen, § 191 (1) GVGA. Vgl. auch: OLG Köln, Beschluss 30.12.1999 — AZ: 7 VA 2/99.
Spezielle Ausführungsregelungen durch den öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerer oder durch den Notar sind nicht gegeben. Sowohl Versteigerer als auch Notar haben sich dabei an die Bestimmungen des BGB zu halten. Dieses, eigentlich uralte, Rechtsgebiet ist hingegen nicht so unreguliert wie es zunächst scheint. Wer sich mit den einschlägigen Kommentaren beschäftigt, wird feststellen, dass sich ein in diesem Sachgebiet juristischer Laie schnell auf einem „Minenfeld“ befindet. Teure Rechtsfallen könnten die Folge von falscher Beratung oder Ahnungslosigkeit sein.
Wir von der Deutschen Pfandverwertung können aufgrund unserer langjährigen Tätigkeit bei der öffentlichen Versteigerung von verpfändeten Unternehmensanteilen und Rechten aller Art wertvolle Hinweise aus der Praxis geben. Das Thema ist komplex und umfangreich. Es lohnt sich, diesen ausführlichen Beitrag bis zu Ende zu lesen, um die Tragweite möglicher Risiken zu erfassen.
Die öffentliche Versteigerung von Unternehmensanteilen oder anderen Rechten gliedert sich in drei Abschnitte. Erstens: die Generierung von Kaufinteressenten. Zweitens: die Besichtigung. Drittens: der Versteigerungsvorgang.
Zu Erstens:
Der Gesetzgeber bestimmt, dass eine Pfandversteigerung gemäß Paragraph 1237 BGB öffentlich bekannt zu machen ist. Diese Bekanntmachung ist kein Selbstzweck, sondern dient der Herstellung der Öffentlichkeit. Hier lauern die ersten großen Fallstricke. Wurde die Versteigerung nicht oder nicht angemessen öffentlich bekannt gemacht, ist sie rechtswidrig, und ein Zuschlag kann grundsätzlich nicht wirksam erteilt worden sein. Die rechtskonforme öffentliche Bekanntmachung bei Versteigerungen von Rechten wie Unternehmensanteile unterliegt umfangreichen Voraussetzungen.
Mit der Normierung der öffentlichen Bekanntmachung nach Paragraph 1237 Satz 1 BGB verwendet der Gesetzgeber einen unbestimmten Rechtsbegriff. Der Norminhalt dieses unbestimmten Rechtsbegriffs kann ausschließlich durch Auslegung ermittelt werden.
Die Auslegung ergibt drei Anforderungen an die öffentliche Bekanntgabe:
- eine personelle Anforderung
- eine zeitliche Anforderung
- eine Anforderung an qualitativ angemessene Reichweite.
Nach der systematischen Auslegung von Paragraph 1237 Satz 1 BGB hat die Veröffentlichung einer — auch durch den Notar durchgeführten — Versteigerung den dargelegten allgemeinen Rechtsgedanken zu entsprechen. Bei Auslegung einer Gesetzesnorm kann sich der ursprünglich gemeinte Sinn mit der Zeit wandeln. Es ist zu berücksichtigen, welche vernünftige Funktion sie im Zeitpunkt der Anwendung haben kann. Vergleiche: Bundesverfassungsgericht 34, 238, 288 f.
Zur ordnungsgemäßen Veröffentlichung sind die allgemein anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu beachten:
- grammatikalische Auslegung
- systematische Auslegung
- historische Auslegung
- teleologische Auslegung.
Ausgehend von dem Wortsinn bedeutet „öffentlich“: allgemein zugänglich. Hiernach ist etwas öffentlich bekannt gemacht, wenn es jedermann erfahren hat. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, durch “öffentliche” Ankündigung jedermann die Möglichkeit zu verschaffen, von dem Ereignis der Versteigerung potentiell Kenntnis zu erlangen. Allerdings ist es wenig sinnvoll, Ankündigungen von Versteigerungen auch solchen Kreisen zur Kenntnis zu bringen, die als mögliche Interessenten von vorneherein ausscheiden.
Das Ergebnis der grammatikalischen Auslegung lässt sich an dieser Stelle systematisch konkretisieren. Systematisch zeigt sich, dass die Anforderungen der “öffentlichen“ Ankündigung erfüllt sind, sobald ein Großteil der potentiellen, realistischerweise erreichbaren Kauflustigen die Gelegenheit zur Kenntnisnahme von der Versteigerung erhalten hat. Die systematische Auslegung basiert auf der Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Nach Maßgabe dieser Einheitlichkeit ist von der Widerspruchsfreiheit der Rechtssätze auszugehen. Aus diesem Grund lassen sich aus der systematischen Zusammenschau von Rechtsnormen Rückschlüsse auf ihren Inhalt ableiten.
Personell ist die thematisch passende, größtmögliche Anzahl potentieller Bieter von der Versteigerung zu angemessenen Kosten in angemessener Frist in Kenntnis zu setzen. Zeitlich haben diese Bieter rechtzeitig die Kenntnis zu erlangen, damit sie in der Lage sind, sich ein Urteil über die zur Versteigerung anstehenden Rechte zu bilden und die notwendigen finanziellen Mittel für ein Gebot aufzubringen. Also wird das Ausmaß der Veröffentlichung einer Versteigerung in personeller, zeitlicher und qualitativer Dimension maßgeblich durch den anzunehmenden Verkehrswert und die Komplexität des Pfandguts bestimmt.
Das Ziel des Gesetzes, durch die Veröffentlichung der Versteigerung die größtmögliche Zahl potentieller Bieter zu informieren, wird allgemein bestätigt. Sinn und Zweck einer gesetzlichen Norm wird durch die teleologische Auslegung ermittelt. Diese Möglichkeit der Auslegung ist deshalb sinnvoll, weil die Zweckmäßigkeit und Zielgerichtetheit einer möglichst umfassenden Publizierung die hierdurch hervorgerufene Wettbewerbsintensität betont, die darin besteht, größtmögliche Erlöse zu Gunsten aller Beteiligten zu erzielen.
Nach den gesetzlichen Vorgaben ist der Zweck der öffentlichen Versteigerungsankündigung, eine größtmögliche Nachfragekonzentration am Tag der Versteigerung auf dem hierdurch eigens geschaffenen Markt zu ermöglichen. Dazu muss bei angemessenem Aufwand die optimale Anzahl realistischerweise erreichbarer, geeigneter potentieller Bieter angesprochen werden. Der Gesetzgeber sieht in dieser Nachfragekonzentration die bestmögliche Chance, einen optimalen Versteigerungserlös zu erzielen. Dieser offensichtliche Zusammenhang von Nachfragekonzentration und Versteigerungserlös wird auch durch die Wirtschaftswissenschaft betont.
Rechtssystematisch ist die notarielle Versteigerung von daher so zu veröffentlichen, dass potentielle Bieter, generiert zu angemessenen Kosten, die Möglichkeit zur Kenntnisnahme von dem Versteigerungstermin erhalten. Weil aber dem Schuldner als Verursacher die Kosten zuzuschreiben sind, müssen diese eben auch angemessen sein. Das Ausfindigmachen jedes, theoretischerweise überhaupt irgendwo vorhandenen, möglichen Käufers wäre – nicht zuletzt aufgrund des Grenzwertprinzips – mit Sicherheit nicht angemessen. Aufwand und Nutzen müssen korrelieren.
Die Durchführung der Versteigerung hat nicht nur der Versteigerer, sondern auch der Notar, gemäß Paragraph 1237 BGB öffentlich in angemessener Art und Weise, was Zeitrahmen, Umfang und Veröffentlichungsmedien betrifft, anzukündigen. Hierbei sind — systematisch gesehen – genau dieselben Prinzipien zu beachten, die bei einer Versteigerungsankündigung durch den öffentlich bestellten vereidigten Versteigerer zu erfüllen sind.
Die Pfandversteigerung nach BGB ist der öffentliche Verkauf eines Pfandguts. Sie steht im Gegensatz zum freihändigen Verkauf. Der Verkauf eines Pfandguts wird gemäß Paragraph 1235 BGB im Wege der öffentlichen Versteigerung bestimmt, weil der Schuldner auf den Verkauf des Pfandguts keinerlei Einfluss hat. Die Öffentlichkeit ist das einzige Korrektiv. Die Öffentlichkeit soll sicherstellen, dass jede absichtliche Schädigung durch den Einfluss eines Einzelnen ausgeschlossen ist. Insbesondere im Fall von nicht marktgängigen, also nicht börsennotierten, Unternehmensanteilen oder anderen Rechten wird durch die Versteigerung eigens ein Markt geschaffen.
Die örtliche sowie zeitliche Konzentration der Nachfrage auf diesem Markt soll die Verschleuderung der Rechte – das sind auch Unternehmensanteile — verhindern. Gegenüber dem Pfandnehmer ist durch die konzentrierte Nachfrage ausgeschlossen, dass der Gläubiger das Höchstgebot nach unten manipuliert und das Pfandgut selbst unter dem optimal erzielbaren Preis ersteigert. Eine solche Manipulation würde zu Lasten des Pfandschuldners gehen. Der Pfandgläubiger könnte sich in solch einem Fall dann noch, falls er durch den Versteigerungserlös nicht vollständig befriedigt wurde, anschließend im Wege einer weiteren gerichtlichen Beitreibung am Vermögen des Pfandschuldners bedienen. Die Gefahr der Verschleuderung des Pfandguts zu Gunsten eines der Beteiligten bestehe bei öffentlichen Pfandversteigerungen grundsätzlich, so wird in Rechtskreisen argumentiert, weil sie stets Notverkäufe darstellten. Ein häufig vermuteter Verschleuderungsvorwurf wird allerdings heute durch die erweiterte Möglichkeit einer Online-Live-Versteigerung relativiert. Dadurch wird ein erheblich größerer Bieterkreis erreicht, sowohl national wie international.
Die Kommunikation über die althergebrachten Printmedien hat stark an Wirkung verloren. Deshalb ist heutzutage eine alleinige Pflichtanzeige lediglich im Bundesanzeiger oder in einer zur für öffentliche Bekanntmachungen berechtigten Tageszeitung nicht mehr ausreichend. Wie regelmäßig zu beobachten ist, erfolgt die öffentliche Bekanntmachung einer öffentlichen Versteigerung durch Notare häufig über oben aufgeführte Kommunikationskanäle, in der Regel auch nur durch eine Minimalankündigung im Bundesanzeiger. Das ist nicht ausreichend, denn es entspricht nicht den zuvor ausgeführten, zwingend notwendigen Anforderungen an eine rechtskonforme öffentliche Bekanntmachung.
Die Identifizierung und Generierung von Kaufinteressenten für Unternehmensanteile und andere Rechte muss unter Berücksichtigung der aktuellen M&A‑Standards und nach den neuesten Grundsätzen der Bankfinanz- und Betriebswirtschaftslehre erfolgen. Für Notare ist die Durchführung von öffentlichen Versteigerungen eine von vielen Tätigkeiten. Versteigerungen kommen selten vor. Die Bevorratung von Mitarbeitern mit notwendigem M&A Knowhow ist für eine Notariatskanzlei wirtschaftlich fast nie sinnvoll. Deshalb ist mit dem vorhandenen Personal weder die angemessene und gesetzeskonforme öffentliche Bekanntmachung noch das Ausfindigmachen von Kaufinteressenten umsetzbar. Eine Übertragung der öffentlichen Bekanntmachung an den Pfandgläubiger oder dessen Beauftragten, wie zum Beispiel an Rechtsanwälte oder sonstige Dritte, bewirkt nicht die Erfüllung des Paragraphen 1237 BGB. Weil der Gläubiger gemäß Paragraph 1239 BGB „Mitbieten durch Gläubiger und Eigentümer“ immer das Recht hat, sich an der Versteigerung zu beteiligen, ist deshalb bei diesen beteiligten Personen Befangenheit zu unterstellen. Dem Pfandgläubiger könnte unterstellt werden, dass er durch die Wahl der Person des Versteigerers und damit die Auswahl der Art und Weise der Bekanntmachung die Veröffentlichung einseitig zu Lasten des Pfandschuldners willkürlich bestimmt. Es kann dem Pfandgläubiger ein fahrlässiger oder grob fahrlässiger Verschleuderungsvorwurf unterstellt werden, wenn von ihm durch die willkürlich und womöglich unzureichend angekündigte Versteigerung das Pfand an einen Käufer seiner Wahl oder gar an ihn selbst verkauft wurde. Insbesondere auch, da der Pfandgläubiger wegen des wahrscheinlich zu gering erzielten Versteigerungserlöses aufgrund sozusagen geheim gehaltener Versteigerung, aber auch aufgrund der Möglichkeit des Rückgriffs auf die verbleibende Restschuld zu Lasten des Schuldners Zugriff nehmen kann. Im einem sich möglicherweise anschließenden Insolvenzverfahren geht dies auch zu Lasten der übrigen Gläubiger. Im Klageverfahren könnte vom Pfandgeber der Nachweis verlangt werden, wer genau die öffentliche Bekanntmachung tatsächlich durchgeführt hat.
Würde bei notariellen Versteigerungen der rechtskonformen Umsetzung des Paragraphen 1237 BGB nicht genügt, wäre die rechtskonforme öffentliche Bekanntmachung nicht bewirkt. Die öffentliche Versteigerung von Unternehmensanteilen oder anderen Rechten ist streitbefangen. Der Pfandgläubiger ist zunächst einmal bei nicht rechtskonform durchgeführter öffentlicher Versteigerung in Haftung, auch bedeutsam in Hinsicht auf die Insolvenz des Pfandgebers. Zum Beispiel könnte ein Insolvenzverwalter die Rechtmäßigkeit der öffentlichen Versteigerung bestreiten. Anzumerken ist, dass ein Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat.
Deshalb sollten Pfandgläubiger bei Beauftragung eines Notars unbedingt zum eigenen Schutz die genaue Einhaltung des Paragraphen 1237 BGB in allen hier genannten Aspekten zur Bedingung machen.
Aus diesen Gründen lehnen die meisten Notare die öffentliche Versteigerung von Unternehmensanteilen inzwischen ab und verweisen auf geeignete öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer. Für den auf dieses Tätigkeitsgebiet spezialisierten allgemein öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerer ist die Durchführung von öffentlichen Versteigerungen von Unternehmensanteilen regelmäßige Praxis. Die entsprechende kaufmännische Ausbildung prädestiniert ihn dazu, den Kreis der möglichen Kaufinteressenten zu identifizieren und für die korrekte, rechtskonforme öffentliche Bekanntmachung zu sorgen. Der öffentlich bestellte vereidigte Versteigerer ist genauso wie der Notar auf seine Unabhängigkeit im Verfahren vereidigt. Er führt die öffentliche Bekanntmachung im Interesse von Pfandgeber und Pfandnehmer durch.
Der Gesetzgeber hat übrigens kein Regelungswerk zur Ausführung öffentlicher Bekanntmachungen von Versteigerungen durch den öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerer erlassen. Die Bestimmungen in der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher sind für ihn nicht einschlägig.
Der Versteigerer erhält regelmäßig einen prozentualen Anteil an dem Versteigerungserlös als seine Vergütung. Aus diesem Grund ist der Versteigerer allein schon aus eigenem Interesse um eine bestmögliche Veröffentlichung bemüht. Deshalb bedarf es bei Versteigerern keiner weiteren Ausführungsbestimmungen zur Art und Weise der Bekanntmachung einer Versteigerung. Im Gegensatz zum Versteigerer wird der Gerichtsvollzieher – vergleichbar mit einem Notar – nicht erfolgsabhängig vergütet.
Über die Art der Bekanntmachung entscheidet der auf seine gewissenhafte Durchführung vereidigte Versteigerer nach pflichtgemäßem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalls. Dazu zählen Aushang, Veröffentlichung in Zeitungen, Internetplattformen, Social Media, Pressearbeit, Newsletter an vorhandene und bekannte Kaufinteressenten sowie Ansprache von Risikoinvestoren, Marktanalyse, Identifizierung von möglichen weiteren Kaufinteressenten national oder international, Anschreiben und persönliche Ansprache an potentielle Bieter — um nur einige der erforderlichen Maßnahmen zu nennen.
Die öffentliche Bekanntmachung hat das Ziel, Personen, die im Einzelfall als Kauflustige in Betracht kommen, möglichst umfassend auf die bevorstehende Versteigerung hinzuweisen. Die Beachtung der zuvor erwähnten Vorgaben führt bei hochwertigen Unternehmensanteilen dazu, über alle relevanten nationalen oder auch internationalen Kommunikationskanäle die Versteigerung publizieren zu müssen, damit möglichst viele Bieter die Gelegenheit zur Kenntnisnahme bekommen. Ansonsten könnte der Pfandgläubiger, wie gesagt, durch seine Wahl des zur Versteigerung Berechtigten nämlich auch die Art und Weise der Ankündigung bestimmen.
Nach der historischen Auslegung sollen die Publizitätspflichten für öffentliche Versteigerungen nach dem Willen des historischen Gesetzgebers dazu dienen, eine möglichst große Gruppe von potentiellen Bietern über die Veranstaltung der Versteigerung zu informieren. Dabei hebt der historische Gesetzgeber die Notwendigkeit hervor, der größtmöglichen Anzahl von potentiellen Bietern die Gelegenheit zur Kenntnisnahme des Versteigerungstermins zu geben, ausdrücklich hervor.
In diesem Sinn wählte der historische Gesetzgeber des BGB einen Versteigerungsmodus, der eine von dem Gläubiger nicht beeinflusste öffentliche „Einsammlung von Angeboten“ garantiert. In der früheren Fassung des BGB war festgehalten, dass „ortsüblich“ bekanntgemacht werden musste. In der Novellierung des BGB wurde der Begriff „ortsüblich“ herausgenommen, um die Anforderungen an die globalisierte Wirtschaft mit den neuen Kommunikationsmedien anzupassen. Ziel auch der historischen Auslegung ist demnach, dass die große Anzahl der Bieter hiernach gewährleisten soll, dass kein Einzelner einen manipulativen Einfluss auf das Meistgebot ausüben kann.
Schließlich bestätigt nach der teleologischen Auslegung der Regelungszweck von Paragraph 1237 Satz 1 BGB, dass durch die Veröffentlichung möglichst vielen Bietern die Gelegenheit zur Kenntnisnahme zu geben ist, um einen bestimmten, typischerweise vorkommenden Interessenkonflikt zu regeln. Normierungen verfolgen demnach benennbare Zwecke. Die Ermittlung dieses Zwecks stellt auf den objektiven Willen des Gesetzgebers ab, das heißt auf den Willen, der sich aus dem ergibt, was an gesetzgeberischer Entscheidung in der Norm an Zwecken gesetzt ist. Wörtlich führt das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang dazu aus: „Die Auslegung einer Gesetzesnorm kann nicht immer auf die Dauer bei dem ihr zu ihrem Entstehungszeitpunkt beigelegten Sinn stehen bleiben. Es ist zu berücksichtigen, welche vernünftige Funktion sie im Zeitpunkt der Anwendung haben kann“.
Zusammenfassung:
Die Pfandversteigerung nach BGB ist der öffentliche Verkauf eines Pfandguts. Sie steht im betonten Gegensatz zum freihändigen Verkauf. Die Versteigerung wird gewählt, wenn der öffentliche Verkauf notwendig erscheint, um die Interessen des Schuldners zu schützen, denn der Schuldner besitzt auf den Verkauf des Pfandguts keinerlei Einfluss, sodass die Öffentlichkeit das einzige Korrektiv darstellt. Die Öffentlichkeit soll sicherstellen, dass jede absichtliche Schädigung durch den Einfluss eines Einzelnen ausgeschlossen ist. Zu diesem Zweck wird insbesondere im Fall von nicht marktgängigen Unternehmensbeteiligungen oder Rechten (wie Wertpapiere, Markenrechte, Domains, Patente oder Lizenzrechte) durch die Versteigerung eigens ein Markt geschaffen. Die örtliche sowie zeitliche Konzentration der Nachfrage auf diesem Markt soll die Verschleuderung der Unternehmensanteile oder Rechte verhindern. Dies gilt zunächst mit Blick auf den Pfandgläubiger: Durch die konzentrierte Nachfrage ist es ausgeschlossen, dass der Pfandgläubiger das Höchstgebot nach unten manipuliert und selbst unter dem optimalen Preis das Gut ersteigert; eine solche Manipulation würde nämlich zu Lasten des Pfandschuldners gehen, könnte der Pfandgläubiger sich doch – soweit er nicht befriedigt wurde – im Wege des Rückgriffs am Pfandschuldner bereichern. Der Pfandgläubiger hätte damit einen doppelten Gewinn erzielt: Er hätte zu einem niedrigen Preis die Unternehmensanteile oder Rechte selbst erworben und könnte sich darüber hinaus noch für den ausgefallenen Versteigerungserlös beim Pfandschuldner befriedigen. Die Gefahr der Verschleuderung des Pfandguts zu Gunsten eines der Beteiligten besteht, wie häufig vorgetragen wird und bei nicht ordnungsgemäßer Veröffentlichung auch berechtigt ist, bei öffentlichen Pfandversteigerungen vor allem deswegen, da sie stets Notverkäufe darstellen. Das Gleiche gilt aber auch, soweit es den Schuldner betrifft. Die Konzentration der Nachfrage macht es den Bietern (zum Beispiel über Strohmänner des Pfandschuldners) unmöglich, ein Bieterkartell zu schließen und den Zuschlagspreis zu Lasten des Pfandgläubigers unter den erzielbaren Preis zu drücken.
Zweitens: Die Besichtigung.
Ein Verkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung erfolgt gemäß Paragraph 445 BGB stets unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung. Das Korrelat dieses Gewährleistungsausschlusses ist die Besichtigung. Den Kaufinteressenten muss gemäß Versteigererverordnung die Möglichkeit gegeben werden, sich über das Versteigerungsgut in angemessenem Zeitrahmen zu informieren. Das sollte analog auch bei einer Versteigerung durch den Notar gelten.
Bei Versteigerung von Unternehmensanteilen oder anderen Rechten erfolgt die Besichtigung über einen Datenraum. Der Datenraum stellt die Besichtigungsmöglichkeit des Pfandguts vor der Versteigerung dar. Obwohl der Gesetzgeber die Besichtigung von Unternehmensanteilen nicht speziell geregelt hat, hat auch der Notar bei der notariellen Versteigerung die Möglichkeit zur Besichtigung des Pfandguts über einen Datenraum zu ermöglichen. Für den Fall, dass obstruktive beziehungsweise rechtsunkundige Pfandgeber oder Pfandgläubiger die Bereitstellung der für den Datenraum notwendigen Daten verweigern oder verzögern, sind sie vom Notar oder Versteigerer auf die daraus zu ihrem Nachteil entstehenden Mindererlöse hinzuweisen.
Bei der Einrichtung eines virtuellen Datenraums sind die Bestimmungen der DSGVO zu beachten. Die Daten dürfen nicht auf einem Server außerhalb der EU gehostet sein, was aber zum Beispiel bei amerikanischen oder chinesischen Server-Anbietern der Fall ist. Um das Versteigerungsgut nicht zu beschädigen, darf der Zugang nur für Personen ermöglicht werden, die sich mit einer erweiterten Vertraulichkeitserklärung dazu verpflichtet haben, die über den Datenraum erlangten Erkenntnisse nicht an Dritte weiterzugeben mit Ausnahme von ihren Rechtsberatern, Steuerberatern oder Finanzierungsinstituten.
Zu Drittens: der Versteigerungsvorgang.
Nicht nur der öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer, sondern auch der Notar hat die Versteigerung gewissenhaft durchzuführen. Er steht in der Pflicht, alle Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, die ein optimales Versteigerungsergebnis bewirken, damit ein höchstmöglicher Preis erzielt wird. Über die von Notaren in ihren Kanzleien durchgeführten Präsenzversteigerungen allein ist dies heutzutage eigentlich nicht mehr zu gewährleisten. Kaufinteressenten erwarten, dass ihnen neben der Abgabe von persönlichen, schriftlichen und telefonischen Geboten insbesondere die Möglichkeit der Gebotsabgabe über eine Online-Live-Versteigerungsplattform zur Verfügung gestellt wird. Kaum ein Kaufinteressent ist noch willens, zu einem Versteigerungstermin zu fahren mit dem Wissen, dass nur eine Person den Zuschlag erhält, besonders nicht bei einem weiten Anfahrtsweg. Bei öffentlichen Versteigerungen von Unternehmensanteilen, bei denen zumeist nur eine Position zum Aufruf kommt, hat aber nur ein Bieter die Chance auf Zuschlag. Das Angebot, sich an einer solchen Präsenzversteigerung zu beteiligen, wird kaum noch akzeptiert. Die Online-Live-Versteigerung mit Live-Stream ist im internationalen Versteigerungswesen längst der Standard. Dazu müssen die Voraussetzungen gegeben sein. Das gilt für die Software für den persönlich zu erteilenden Online-Live-Zuschlag, geeignete Server sowie technische Ausrüstung und personelle Ausstattung. Die Einrichtung eines Live-Stream-Studios mit zwingend erforderlicher kurzer Latenzzeit bei Gebotsempfang und unter Nutzung eines deutschen Servers aufgrund DSGVO ist technisch, finanziell und personell sehr aufwendig. Für die Handhabung wird eingearbeitetes Fachpersonal benötigt, das eigens vorzuhalten oder zu beauftragen ist. Die Erfüllung dieser Standards rechnet sich nur bei regelmäßig durchgeführten Versteigerungen. Aus diesem Grunde werden bei Präsenzversteigerungen in einer Notarkanzlei eher nur solche Bieter erreicht, die lokal verortet sind. Da Notare zumeist nicht alle diese erwähnten Voraussetzungen zur Durchführung von rechtlich nicht angreifbaren öffentlichen Versteigerungen leisten können, lehnen viele Notare die öffentliche Versteigerung von Unternehmensanteilen oder anderen Rechten ab und verweisen auf geeignete öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer. Wenn der Pfandgläubiger dennoch einen Notar beauftragen möchte, sollte er sich, um Rechtsnachteile zu vermeiden, versichern lassen, dass der Notar eine Online-Live-Versteigerung mit Live-Stream leisten kann.
Schlussbetrachtung:
Nicht nur die Durchführung, sondern auch die rechtskonforme öffentliche Bekanntmachung muss in allen Aspekten dem Pfandgut angemessen sein. Der Pfandgläubiger beziehungsweise dessen Rechtsvertreter oder von ihm beauftragte Dritte darf als Befangener nicht selbst die öffentliche Bekanntmachung übernehmen. Im Streitfall könnte der Anwalt des Klägers die Herausgabe von Dokumenten als Beleg verlangen, dass der Notar als Versteigerer und unabhängige Instanz die öffentliche Bekanntmachung selbst vorgenommen hat. Der Notar darf außerdem diese Aufgabe nur an geeignete Dienstleister übertragen, wenn er diese zur Verschwiegenheit verpflichtet hat. Außerdem ist zu belegen, dass der mit der Versteigerung beauftragte Notar alle Möglichkeiten zur Gebotsannahme zur Verfügung gestellt hat. Wird dagegen verstoßen, könnte die Versteigerung angegriffen werden und sie müsste womöglich rückabgewickelt werden beziehungsweise es wäre Schadensersatz gegenüber Schuldner und Bieter zu leisten. Das könnte gravierende Folgen für den Gläubiger haben, falls die rechtlichen Grundsätze gemäß Paragraph 1237 Satz 1 BGB verletzt wurden. Bei Bestreiten der Rechtmäßigkeit der Versteigerung haftet zunächst nicht der Notar, sondern der Auftraggeber. Bei fahrlässigem Handeln oder grob fahrlässigem Handeln haftet auch der Notar. Fast immer ist die Versteigerung von Unternehmensanteilen oder anderen Rechten streitbefangen. Es handelt sich dabei zumeist um sehr hohe Schadensersatzansprüche, die entsprechend hohe Rechtskosten auslösen.
Weitere Information (Link): Über Versteigerung von Unternehmensanteilen und Rechten
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