Wenn Pfandrechte verfallen: Organhaftung durch die Nichtwahrnehmung von Pfandrechten
Zentrale Hinweise aus der Praxis, die aufzeigen, wie sich Haftungsrisiken vermeiden lassen.
Organhaftung entsteht nicht nur durch falsche Entscheidungen, sondern auch durch pflichtwidriges Unterlassen. Übertragen auf Pfandrechte heißt das: Wer als Organ über werthaltige Sicherheiten verfügt und deren Durchsetzung oder Verwertung unterlässt, setzt sich einem persönlichen Haftungsrisiko aus.
Ausgangspunkt: Was leisten Pfandrechte?
Pfandrechte sind vollwertige Sicherungsrechte mit unmittelbarem Zugriff auf das Sicherungsgut Wer ein bestehendes Pfandrecht nicht verwertet, verzichtet faktisch auf ein bereits vorhandenes Vollstreckungsrecht – das führt regelmäßig zu einem vermeidbaren Vermögensverlust und zu unüberschaubaren Risiken in Hinsicht auf die Insolvenzanfechtung.
Organpflichten: Vermögensschutz ist Pflicht, nicht Kür
Vorstand (§ 93 AktG), Geschäftsführer (§ 43 GmbHG) und Aufsichtsrat (§ 116 i. V. m. § 93 AktG) müssen Vermögenswerte sichern und realisieren. Dazu gehören insbesondere:
- Vereinbarung wirksamer Pfandrechte,
- Sicherstellung der notwendigen Besitz- bzw. Rechtsposition,
- Verwertung bei Pfandreife – zügig, dokumentiert und rechtskonform.
Wer Ansprüche oder Sicherheiten „parkt“, Verfahren nicht einleitet oder Entscheidungen ohne nachvollziehbaren Grund vertagt, riskiert Schadensersatz – in der Insolvenz meist geltend gemacht durch den Verwalter.
Business‑Judgment‑Rule (BJR): Schutz nur bei ex‑ante‑Abwägung
Die BJR greift, wenn
- eine tragfähige Informationsgrundlage erhoben
- Alternativen realistisch geprüft und
- die Entscheidung dokumentiert wurde.
Unterlassene Verwertung ohne belastbare Abwägung ist nicht vom unternehmerischen Ermessen gedeckt. Eine öffentliche Versteigerung durch einen öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerer ist regelmäßig eine naheliegende, gut dokumentierbare Option.
Die Aufgabe des Aufsichtsrat ist: Nachfragen, nachfassen, Fristen setzen
Sieht der Aufsichtsrat ungenutzte Pfandrechte, muss er aktiv werden: Aufklärung verlangen, Maßnahmen beschließen, Fristen setzen, Berichte einfordern. Untätigkeit kann, wie aktuelle Fälle zeigen, zur Eigenhaftung führen.
D&O‑Versicherung (Managerhaftpflicht) ist kein Freifahrtschein
D&O‑Policen leisten in der Praxis häufig spät und streitig. Prävention (saubere Ex‑ante‑Dokumentation, zeitnahe Verwertung) ist wirtschaftlich meist überlegen.
Leitlinien für die Praxis
- BJR ernst nehmen: Nichtverwertung werthaltiger Pfandrechte ist regelmäßig nicht gedeckt, wenn Alternativen – insbesondere die öffentliche Versteigerung – nicht ernsthaft geprüft und ex‑ante dokumentiert wurden.
- Haftung durch Unterlassen: Wer Werte verfallen lässt, handelt pflichtwidrig.
- Gesetzlicher Königsweg: Die öffentliche Versteigerung ist der gesetzlich vorgesehene und staatlich privilegierte Verwertungsweg (insb. § 338 BGB, § 1235 BGB; Zuschlag als endgültiger Hoheitsakt). Sie schafft Rechtsfrieden und Transparenz.
- Signalwirkung: Nicht verwertete Pfandrechte signalisieren Schwäche. Die öffentliche Versteigerung zeigt Stärke, Legitimation und Transparenz.
- Zeit ist Wert: Verzögerungen entwerten Sicherheiten und erhöhen Haftungsrisiken.
Umsetzung mit der Deutschen Pfandverwertung
„Wer seine Pfandrechte nicht nutzt, verschenkt Werte”. Deutsche Pfandverwertung macht Sicherheiten wieder zu Vermögenswerten.“
- Rechtskonforme Vorbereitung (Pfandreife‑Check, Informations‑ und Anzeigeprozesse),
- Durchführung der öffentlichen Versteigerung durch öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer,
- Dokumentation der Ex‑ante‑Abwägung (BJR‑tauglich),
- Transparenter Zuschlag als endgültiger Hoheitsakt – ohne Nachverhandlung (Rückverhandlung).
BJR‑Checkliste vor (Nicht-)Verwertung
- Informationslage: Werthaltigkeit der Sicherheiten, Pfandreife, Marktansprache, rechtliche Rahmenbedingungen erhoben und dokumentiert?
- Alternativen: Öffentliche Versteigerung, freihändiger Verkauf (falls zulässig gemäß § 1222 BGB) Beitreibung – Variantenvergleich mit Chancen/Risiken und Kosten?
- Dokumentation: Sind Entscheidungsgründe, Zeitplan, Fristen, Verantwortlichkeiten, Aufsichtsratseinbindung (falls relevant) festgehalten?
- Umsetzung: Beauftragungen (öffentlich bestellter, vereidigter Versteigerer), Anzeigen/Informationen, Datenraum/Unterlagen, Kommunikation mit Beteiligten?
- Monitoring: Meilensteine, Berichtspflichten, Entscheidungs‑Trigger (z. B. Mindestgebot, Marktfeedback), Eskalationspfade?
- Hinweis
Diese Information ersetzt keine Rechtsberatung im Einzelfall.
Maßgeblich sind u. a.:
- 93 AktG, § 43 GmbHG, § 116 AktG, § 60 InsO, §§ 1204 ff. BGB, § 1235 BGB, § 932 BGB, § 464 HGB, § 562 BGB sowie BGH, Urteil vom 27.10.2022 – IX ZR 145/21.
Wir sind öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer (Auktionator) mit über 15 Jahren Erfahrung bei der Verwertung aufgrund gesetzlicher und vertraglicher Pfandrechte in rechtskonformer Online Auktion mit Live Stream.
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